Freitag, 4. September 2015

Flieder


Ein gelegentlich wiederkehrender Traum handelt davon, dass ich eine Leiche im Vorgarten vergrabe. Ich habe diese Person getötet. Im Traum kenne ich diese Person. Warum habe ich das getan? Ich weiß es nicht genau, doch im Traum wusste ich es. Ich spüre allerdings, dass mir die Tat nicht leichtgefallen ist; und doch muss ich einen guten Grund für meine Handlung gehabt haben. Passt ja gar nicht zu mir. Die betreffende Person hatte es verdient; und es war aus irgendeinem Grund notwendig. Jeder Richter würde dafür Verständnis aufbringen, bilde ich mir ein. Notfalls müsste ich ihm mein Motiv bei einem persönlichen Besuch erläutern. Du, ich konnte nicht anders. Besser so, als Frust in sich reinfressen. Ich mach aus meinem Herzen keine Mördergrube. Verstehst du, Richter? Fessel und Knebel angenehm?
Interessanterweise endet dieser Traum meist erst nach einigen Jahren, die wie im Zeitraffer vergehen. Der kleine Fliederbusch, den ich einst gepflanzt habe, ist gut gewachsen und hat mehrmals geblüht. Lila, betörend duftend. Man könnte sich oder jemandem ein Ohr abschneiden für diesen Fliederduft. Ich bilde mir ein, irgendwann ein schuldähnliches Gefühl zu verspüren. Bekomme ich etwa Gewissensbisse? Ich wache auf und überlege, ob ich es war oder nicht. Der Fliederbusch ist noch ganz klein und hat daher dieses Jahr noch nicht geblüht. Es dauert eine Weile, bis ich mir darüber im Klaren bin.

Mittwoch, 2. September 2015